Ferdinand Filler

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Skulptur in Holz

Vorwort von Adama von Scheltema - 1966, Starczewski Verlag, München

Auf der einst so stillen, romantischen Würmtalstraße von Starnberg nach München rasen jetzt die Autos und Sonntags bilden sie eine ununterbrochene Kette.Gelingt es aber, nach links auszuscheren, so führt eine alte Römerstrasse hinauf zu der Seitenmoräne des Würmgletschers und da kann man, weitab von Hetze und Lärm, den stillen Garten, mit dem aus Holz gezimmerten Haus finden, in dem Ferdinand Filler mit Frau und Sohn und Katze lebt. Die Lage ist bezeichnend für den stillen Menschen aber auch für den Künstler, der abseits der lauten, sich überstürzenden Bekundigungen einer sich selbst ad absurdum führenden Kunstbetriebsamkeit, unbeirrt den eigenen Weg verfolgt und der innerer Bewegung gehorcht. Man kann es sich nicht vorstellen, daß dieser Künstler es nötig hätte, jedes Jahr in die Ferne, nach Italien oder Spanien zu ziehen, um neue Eindrücke zu sammeln. Lieber als in einem Wagen zu fahren radelt er in den nahen Wald und unvergessen blieb ihm der Eindruck der weiten Lechebene nah dem alten Bauernhaus, indem er aufwuchs. Als Künstler aber fühlt Filler sich zutiefst den geheimnisvollen Formen des Lbens verbunden, vor allem der unerschöpflich reichen Gestalt des Menschen, aber auch des pflanzlichen Wachstums, des Holzes, des Baumes, der sich in dem breit ausladenden, durchsichtigen Geäste mit dem Licht vermählt. Es gibt späte, geschnitzte Arbeiten, die zeigen, wie die beiden Formgedanken sich gegenseitig bestätigen und durchdringen: man weiß nicht, ob die aus schmalem Sockel sich aufschwingende Tänzerin in das eigenwillige, jetzt ganz abstrakt anmutende Formenspiel des Baumes übergeht, oder ob dieses die Gestalt der Frau aus sich entläßt. Nach den frühen, das realistische detailbeachtenden Arbeiten zeigt sich hier die bleibende innere Beweglichkeit des Künstlers, seine ungeschmälerte schöpferische Freiheit, die ihm gestattet, ohne Verrat am geliebten Gegenstand zur reinen Form zu gelangen. Es gibt noch bestimmte Gründe, die zu dieser Vergeistigung der der plastischen Form beitragen, und dazu gehört schon die Vorliebe des Künstlers für religiöse oder mythologische Stoffe mit ihren zwar menschlichen, aber zugleich überindividuellen, zeitlos gültigen Gestalten: von dem überlebensgroßen Gekreuzigten und den monumentalen, vielfigurigen Reliefs der Weihnachtslegende und der Passion, bis zu der gigantischen Gestalt eines Flußgottes und der schon volkstümlich gewordenen Muse mit Leier des Wedekind-Brunnens in Schwabing. Zu seiner Vergeistigung seiner figürlichen Darstellung führt aber auch das innige Bekenntnis dieses Bildschnitzers und Bildhauers zum Werkstoff. Zum lebendigen Holz, das zu scharf geschnitzten Kanten, aber auch zur liebevollen Behandlung der gemaserten Flächen einladet. Und zum Gestein, dem Muschelkalk, dem die künstlerische Form nicht aufgezwungen wird, sondern sie unter der zeugenden Kraft des Künstlers aus sich gebärt. Aus alledem bietet sich die Erklärung, warum Fillers Arbeiten uns so menschlich nahe und verständlich bleiben, obwohl sie nur als durchaus modern zu bezeichnen sind.

In seinem Heimatort Untermeitingen bei Schwabmünden verlebte Ferdinand Filler eine glückliche Kindheit. Nach kurzem Mal-und Zeichenunterricht in Donauwörth zog er 1920 nach München und ermöglichte ein längeres Studium an der Münchner Akademie teils dadurch, daß er für eine Kirche in Bosnien Figuren aus Stein und Holz schlug. Bei einem Bombenangriff auf München wurde seine Wohnung mit vielen seiner Arbeiten zerstört. Mitbegründer der Neuen Gruppe in München, Ausstellungen in Freiburg, Berlin, Wien, Rom und München. Auf öffentlichen Plätzen, in Kirchen und Sammlungen sind Werke aus seiner Hand vertreten, so aus jüngster Zeit das große Relief mit Darstellungen der Passion für die Maria Hilfkirche in München. Auszeichnungen: Förderungspreis der Stadt München für Bildhauer (1959). Kunstpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1959). Zur 800-Jahr-Feier der Stadtmünchen (1959) gewann Filler den Wettbewerb zur Errichtung des Wedekind-Brunnens. Schwabinger Kunstpreis für Plastik (1964).